«The Incredible Hulk» von Louis Leterrier (Blu-ray)

«The Incredible Hulk»

I don’t wanna control it, I wanna get rid of it.

2003 durfte Ang Lee das grüne Monster «Hulk» auf die Kinos loslassen. Die Produzenten erwarteten den Auftakt zu einer neue Superhelden-Serie in der Art von «Spider-Man». Doch nach einem starken Debüt sackten die Einspielergebnisse in der Folge zusammen. Trotz einer weltweiten Summe von 245,4 Millionen Dollar galt das Experiment, einem Filmemacher aus dem Kunstkinobereich die Regie zu überlassen, als gescheitert. Für einen anschliessenden Neustart wurde 2008 von Marvel der französische Actionregisseur Louis Leterrier («The Transporter», «Transporter 2») engagiert. Erstaunlicherweise unterscheidet sich sein Produkt erzählerisch nicht sonderlich stark von der Version von Lee. Da ist es beinahe schon ironisch, dass dann auch diese Fassung an den Kinokassen nicht bedeutend besser abschnitt. Weltweit hat «The Incredible Hulk» mit 263,4 Millionen Dollar das Resultat von «Hulk» nur ziemlich knapp übertroffen.

«The Incredible Hulk» kann in gewisser Weise als Fortsetzung von «Hulk» betrachtet werden. Nachdem Bruce Banner im Film von Ang Lee am Ende in den Dschungel des Amazonas geflüchtet ist, taucht er nun in den Favelas von Rio de Janeiro auf. Zuvor ist in der Titelsequenz noch zu sehen, wie Banner (Edward Norton, «Fight Club», «The Illusionist») bei einem Experiment durch Gammastrahlen verseucht wurde. Später deutet sein Gegenspieler, General Thaddeus Ross (William Hurt, «The Countess»), in einem Gespräch mit dem auf Banner gehetzten Elite-Soldaten Blonsky (Tim Roth, «Funny Games U.S.») an, dass Banner auch noch ein Serum verabreicht bekommen hat.

In Kommunikation mit einem Mr. Blue versucht Banner die Verseuchung rückgängig zu machen. Da wird sein Versteck von General Ross ausfindig gemacht. Banner wird durch die Favelas gejagt. Von den Soldaten in die Ecke gedrängt, verwandelt er sich in Hulk und kann fliehen. Blonsky ist von diesem «whole new level of weird» beeindruckt und stellt sich Ross für Experimente zur Verfügung. Auch Blonsky möchte ein Supersoldat werden.

Banner schlägt sich unterdessen zur Culver University in den USA durch. Dort unterrichtet und forscht seine ehemalige Freundin und Arbeitskollegin Elisabeth Ross (Liv Tyler, «The Lord of the Rings», «Armageddon»). Dort wurden auch die Experimente durchgeführt, von denen Banner die Informationen für seine Behandlung benötigt. Doch wieder kommen der General und Blonsky auf seine Spur, wieder kommt es zu einem Kampf mit Hulk. Der mittlerweile stärkere Blonsky wird dabei schwer verletzt. Dann beginnt das Experiment zu wirken.

Hulk kann wieder flüchten und nimmt Betty mit. In New York treffen sie auf Mr. Blue, den Wissenschaftler Dr. Samuel Sterns (Tim Blake Nelson, «The Astronaut Farmer»), der möglicherweise ein Heilmittel für Banner entwickelt hat. Aber natürlich wird unser Held auch hier aufgespürt und von General Ross verhaftet. Unterdessen hat sich jedoch Blonsky in das füchterliche Monster Abomination (Abscheulichkeit) verwandelt und beginnt Harlem zu verwüsten. Kann Hulk die Stadt vor der Zerstörung retten?

Edward Norton in «The Incredible Hulk»

Konnte Ang Lee noch durch die virtuose, an Comic-Hefte angelehnte Bildstruktur einen eigenen Stil erkennen lassen, unterscheidet sich das Werk von Louis Leterrier nicht wesentlich von anderen Actionfilmen. Ein weiteres Merkmal der Geschichte von James Schamus und Ang Lee ist die komplexe Familiengeschichte, die Bruce Banner verarbeiten muss. Zak Penn, Drehbuchautor von «The Incredible Hulk», hat hingegen beinahe jegliche psychologische Komplikationen entsorgt. Hier versucht Banner lediglich durch Körpertraining seine Wut in den Griff zu bekommen, scheitert damit aber zunächst. Dann ist da natürlich noch die Liebe zu Betty Ross. Ansonsten kann sich Leterrier aber ganz auf die drei zentralen Kampfszenen in Rio de Janeiro, Culver City und Harlem konzentrieren, die durch ziemlich oberflächlichle Szenen miteinander verknüpft sind.

Da in den Hauptrollen die Charakterdarsteller Edward Norton und Tim Roth den gebrochenen Figuren Leben einhauchen, erhalten sie zumindest ein wenig Tiefe. Für allzu komplexe Gedanken reichen die meist ziemlich eintönigen Dialoge doch nicht. Die Aufmerksamkeit gilt ganz klar den visuellen Effekten, die nicht so schlecht aussehen, wie der Trailer befürchten liess. Die Trickaufnahmen sind sogar richtig gut gelungen. Ob das allerdings ausreicht, um mehr als nur Comic-Fans zu begeistern? Wer mehr Abenteuer von Hulk sehen möchte, muss sich auf jeden Fall auch diese zwar nicht überwältigende, aber immerhin solide Episode anschauen.

Für Anhänger der Figur sind zudem zahlreiche Zückerchen eingebaut. Da ist selbstverständlich der übliche Gastauftritt von «Hulk»-Schöpfer Stan Lee. Daneben ist aber etwa auch der aus zahlreichen Fernsehfilmen und vor allem der aus der von 1978 bis 1982 ausgestrahlten Fernsehserie bekannte Hulk-Darsteller Lou Ferrigno in einer kleinen Nebenrolle zu sehen (in der vordigitalen Zeit wurden für Banner und Hulk noch unterschiedliche Schauspieler verwendet). Im Kinofilm leiht Ferrigno Hulk auch wieder die Stimme, musste dazu aber vor allem grunzen und kurz «Hulk smash» sagen. Die Hautfarbe von Hulk ist ausserdem wieder näher am ursprünglichen grau als am bekannten grün.

Wirklich überzeugen kann «The Incredible Hulk» wie schon «Hulk» von Ang Lee nicht richtig. Der Grund dafür ist aber womöglich ganz einfach die zwiespältige Hauptfigur, die nicht wirklich über Fähigkeiten verfügt, sondern vielmehr durch seine Emotionen behindert wird. Da ist der über Humor und Herz verfügende Tony Stark aus «Iron Man» schon um einiges zugänglicher. Wie aber am Ende angedeutet wird, bringt Banner seine Verwandlungen in weiteren Folgen vermutlich unter Kontrolle. Vielleicht wird mir der zornige Hulk dann doch noch ans Herz wachsen.

Den nächsten Auftritt hat Bruce Banner allerdings nicht mehr in einem eigenen Abenteuer. Stattdessen kehrt er 2012 in «The Avengers» ins Kino zurück. Entweder schliesst sich Hulk der Superhelden-Allianz S.H.I.E.L.D. an oder er wird von ihr bekämpft. Bruce Banner wird dann von Mark Ruffalo gespielt, da sich Norton und Marvel nicht einig wurden. Das schliesst aber eine Rückkehr von Norton als Bruce Banner noch nicht aus, da es eine Fortsetzung von «The Incredible Hulk» immer noch möglich ist. Schliesslich wird am Ende gezeigt, wie Dr. Sterns, der Comic-Freunden als Leader vertraut sein dürfte, von einem Tropfen Blut kontaminiert wird.

Liv Tyler und William Hurt in «The Incredible Hulk»

Die Blu-ray-Disc von «The Incredible Hulk» weist eine tadellose Bildqualität vor. Die Tonspur in DTS-HD Master Audio 5.1 ist ausserordentlich dynamisch und wuchtig, wenn auch nicht unbedingt sehr subtil abgemischt. Als Bonusmaterial sind umfangreiche Beiträge vorhanden. Da sind zunächst einmal ein alternativer Anfang (2 Minuten) sowie 23 entfallene und erweiterte Szenen (ungefähr 40 Minuten), in denen einige Figuren durch die Dialoge durchaus mehr Substanz erhalten hätten. Der übliche Drehbericht (30 Minuten) und die Analyse der drei Wutausbrüche (insgesamt 28 Minuten) sind nicht besonders aufschlussreich. Dafür wird in zwei kurzen Beiträgen faszinierend die Entwicklung von Hulk (9 Minuten) und Abomination (10 Minuten) beschrieben. Ein animierter Ausschnitt aus einem Comic (5 Minuten) zeigt ausserdem, wie gesprächig Hulk sein könnte. Kurzweilig ist auch der Audiokommentar mit Louis Leterrier und Tim Roth, obschon Leterrier durch seinen Akzent teilweise nur schwer verständlich ist.

Bewertung: 4 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
4 Sterne

(Bilder: © Concorde Home Entertainment)

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