«Scre4m» von Wes Craven und Kevin Williamson

«Scre4m»

I don’t need friends. I need fans!

Wenn gleich in den ersten Sekunden eines Films ein Telefon klingelt und eine tiefe Stimme die Frage nach dem Lieblingshorrorfilm stellt, dann folgt sehr wahrscheinlich viel Geschrei und Gemetzel. Das Markenzeichen der «Scream»-Serie setzt Regisseur Wes Craven auch in «Scre4m» ein. Auch sonst folgt er in der Wiederaufnahme der Reihe den von ihm formulierten und gleichzeitig köstlich dekonstruierten Regeln des Horror-Genres. Durch die Rückkehr von Drehbuchautor Kevin Williamson ist auch für eine treffende Mischung aus Humor und Schrecken gesorgt. Nur am Ende zeigt das Duo zu wenig Mut und verdirbt durch die zu starke Einhaltung der üblichen Regeln für ein langweilig herkömmliches Finale.

10 Jahre sind seid den letzten Morden der diversen Ghostface-Mörder in Woodsboro und Los Angeles vergangen. Die auf diese Verbrechen basierende Filmreihe «Stab» ist unterdessen schon beim siebten Teil angekommen. In den ersten Minuten der Slasher-Filme unterhalten sich die Mädchen (darunter auch Anna Paquin, «Untitled», und Kristen Bell, «Veronica Mars»), die nicht mehr lange zu leben haben, angeregt über die blutigen Horrorfilme der letzten Jahre. Negativ äussert sich eine der jungen Frauen über den Folter-Thriller «Saw IV», den sie als «torture porn shit» ohne Entwicklung der Figuren beschreibt. Da sind die meisten Figuren in «Scre4m» tatsächlich bedeutend vielschichtiger. Vor blutigen Wunden und vorhersehbaren Attacken sind sie trotzdem nicht geschützt.

Sidney Prescott (Neve Campbell) kehrt wieder einmal nach Woodsboro zurück, um Werbung für ihr Buch «Out of the Darkness» zu machen. Dewey Riley (David Arquette) ist unterdessen der Sheriff von Woodsboro. Er hat alle Hände voll zu tun, denn ausgerechnet an diesem Tag jährt sich der erste Mord. Und wieder hat ein Messerstecher zwei Jugendliche ermordet. Das motiviert auch Gale Riley (Courtney Cox), die unterdessen mit Dewey verheiratet ist, zu Nachforschungen. Die neuen Attacken richten sich wieder gegen Sidney, aber auch ihre Cousine Jill Roberts (Emma Roberts) und ihre Schulkollegin Kirby (Hayden Panettiere) werden bedroht. Steckt etwa Trevor (Nico Tortorella), der Ex-Freund von Jill, hinter den neuen Morden? Oder sind die beiden Filmfanatiker Robbie (Erik Knudsen) und Charlie (Rory Culkin) dafür verantwortlich? Und welche Rolle spielt die übereifrige Sheriffs-Stellvertreterin Judy (Marley Shelton)?

Neve Campbell in «Scre4m»

Ende der 90er-Jahre sorgte Wes Craven («The Last House on the Left», «A Nightmare on Elm Street») mit «Scream» und den beiden nicht besonders gelungenen Fortsetzungen für eine Revitalisierung des Horror-Genres. Gleichzeitig machte er sich darin über die zahlreichen Klischees in Horrorfilmen lustig. Die Erwähnung der Regeln darf daher natürlich auch in «Scre4m» nicht fehlen. Wurde dieses Element in «Scream 2» und «Scream 3» eher zu einer lästigen Spielerei, wird es in «Scre4m» ein wenig zurückhaltender eingesetzt. Die beiden Filmkenner stellen für den Neustart («reboot») einer Serie gleich einmal fest: «The reverse becomes the new standard.» Was in den bisherigen Filmen erwartet werden konnte, muss nun umgekehrt werden. Besonders verlässlich ist diese Regel aber sowieso nicht, denn einige Konstanten sind einfach unausweichlich.

Wie es sich für einen Horrorfilm gehört, bietet «Scre4m» eine grosse Auswahl an Verdächtigen, zu denen selbstverständlich auch die bereits bekannten Figuren gehören. Zunächst sorgen aber die in sich verschachtelten und teilweise völlig unsinnigen Ausschnitte aus den «Stab»-Filmen für reichlich Humor. Auch in der ersten Hälfte der anschliessenden Handlung wird noch ausgiebig auf witzige Szenen gesetzt. Das ist schon daran ersichtlich, dass sich Jill und Kirby an einem Abend die Horrorkomödie «Shaun of the Dead» anschauen. Doch dieser Spass hat irgendwann ein Ende und allmählich werden deutlich mehr Spannungselemente eingestreut. Dadurch verhindern Craven und Williamson, dass «Scre4m» wie «Scream 3» zu einer eigentlichen Parodie von sich selbst verkommt.

Craven und Williamson bedienen sich einiger vertrauter Elemente aus den vorherigen Episoden, die sie aber geschickt abändern. Trotzdem kann zwischendurch ein ermüdender Wiedererkennungseffekt eintreten. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Person oder die Personen, die für die Morde verantwortlich ist/sind, ein wenig zu ausführlich die Motive für die Taten erklärt/erklären. An dieser Stelle hat Williamson ein wenig zu viel Kritik an der oberflächlichen, auf Berühmtheit konzentrierten Gesellschaft hineingepackt. Wirklich positiv wäre diese Auflösung nur gewesen, wenn die Filmemacher auch konsequent auf einen unerwarteten Ausgang gesetzt hätten. Doch stattdessen nimmt die Geschichte in den letzten Minuten dann doch noch die gewöhnliche Entwicklung. Auf das wenig befriedigende «alternative Ende» hätten Craven und Williamson besser verzichtet.

Bei der «Scream»-Reihe stellt sich aber eigentlich vielmehr immer die Frage, ob die Filmemacher nicht ein wenig zu häufig auf die Meta-Ebene ausweichen. Durch die Selbstreflexion werden Erwartungen geweckt, die trotzdem nie erfüllt werden können, da schliesslich doch die Genre-Regeln befolgt werden. Dabei lohnt es sich im Grunde gar nicht, sich zu viele Gedanken über die Handlung zu machen. Sonst handelt man sich verdientermassen den Vorwurf ein, den eines der Opfermädchen an ein anderes richtet: «You’re overthinking it.» Drehbuchautor Kevin Williamson regt zwar durch die Verweise auf das eigene Genre zu Überlegungen an. Die Wirkung des Films wird aber letztlich doch nur durch die Furcht vor dem Messer und dem spritzenden Blut bestimmt. Diese Elemente werden von Craven und Williamson ganz ordentlich eingesetzt.

Fazit: «Scre4m» ist ein über weite Strecken reichlich unterhaltsamer Neustart der unausgewogenen Horror-Serie, der nur in den letzten Minuten zu stark auseinanderfällt.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: © Ascot Elite)

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